Sehr geehrter Herr Engeler
Auf Ratschlag habe ich mich beim Circolo Svizzero di …. über meine Steuerpflichten in Italien informiert, doch sind mir meine Pflichten immer noch nicht ganz klar.
Nachdem ich verschiedentlich erfahren musste, dass viele der Dottores einfach schlicht und einfach keine Ahnung haben (Anagrafe/Motorizzazione), dass zwischen der CH und Italien spezielle Abkommen herrschen, und sie dann irgendwas entscheiden, habe ich berechtigte Zweifel irgendeinen Commercialista hier in der Gegend zu beauftragen, zumal sowohl meine Pension wie unsere AHV mit der Quellensteuer bereits abgegolten sind. Es sind alleine die Ersparnisse in der CH, die zum Problem werden könnten. Aber werden sie denn effektiv zu einem Problem, wenn man sich still verhält? Wir haben ansonsten ja keinerlei Einkünfte! Herzlichen Dank für eine allfällige Antwort.
Mit freundlichen Grüssen
M.S.
Lieber Leser
Wenn Sie seit August 2018 in Italien wohnhaft sind, sind Sie und Ihre Frau seit dem Frühjahr 2019 verpflichtet, in Italien eine Steuererklärung abzugeben.
Wenn Ihre Angaben über Pensionskasse und AHV korrekt sind, ist die Steuererklärung ausschliesslich für Ihre Vermögenswerte in der Schweiz notwendig, sofern diese €15’000 erreichen oder übersteigen. Die Vermögenswerte müssen im Abschnitt RW ausgewiesen werden, die Einkünfte aus Vermögen deklariert und in Italien abzüglich eines Anteiles der Schweizer Verrechnungssteuer versteuert werden. Meistens bezahlt man nur ganz kleine oder gar keine Steuern. Die grösseren Kosten betreffen oft das Ausfüllen der Steuererklärung.
Die Steuererklärung für Vermögenswerte im Ausland nicht einzusenden bringt hingegen ganz empfindliche Strafen; nach 5-6 Jahren können diese den Wert des ganzen Vermögens im Ausland erreichen, und der italienische Staat kann diese Beträge auf ihrem Geld in Italien eintreiben. Meine Kollegen und ich raten auf diesen Seiten seit 20 Jahren dringend, die Vermögenswerte im Ausland in der italienischen Steuererklärung anzugeben. Bis vor zwei Jahren konnten Schlaumeier hoffen, nicht erwischt zu werden. Nun liefert die Schweiz sämtliche Daten über Vermögenswerte in der Schweiz in fast 50 Länder, auch nach Italien. Der italienische Fiskus kennt also alle Bankkonten, Wertschriftendepots, Immobilien, welche in Italien ansässige Personen in der Schweiz (oder in den fast 50 Ländern) halten.
Sie sollten also rasch herauszufinden, wie Sie die vergessene Steuererklärung von 2019 nachholen können. Vor kurzem gab es eine Möglichkeit, dies innert einem Jahr mit einer relativ bescheidenen Zusatzzahlung zu nachzuholen. Ich weiss nicht, ob diese Möglichkeit noch besteht. Von nun an müssen Sie dies rechtzeitig in jedem Frühjahr erledigen. Wie fast alle Italiener sind Sie nicht in der Lage, die Steuererklärungen selber auszufüllen, noch zu berechnen, wie viel Sie zahlen müssen.
In Italien gibt es zahlreiche CAF, staatlich anerkannte Büros, die Steuererklärungen ausfüllen. Ich gehe davon aus, dass diese nun überall wissen, wie man den Abschnitt RW korrekt ausfüllt, die Zinsen und Verrechnungssteuer einsetzt und die eventuell geschuldete Steuer berechnet. Sind Ihre Vermögenswerte in der Schweiz relativ bescheiden, würde ich einer CAF die Situation schildern und fragen, ob sie in der Lage sind, dies korrekt zu tun. In A. gibt es z.B. die CAF der Gewerkschaft ….. Diese wird wahrscheinlich von Ihnen verlangen, dass sie sich bei der Gewerkschaft einschreiben müssen, aber zusammen mit der Gebühr für die Steuererklärung ist dies immer noch günstiger als ein den Beizug eines dottore commercialista.
Sind Ihre Vermögenswerte aber recht beträchtlich, würde ich aus Diskretionsgründen einen dottore commercialista aufsuchen, der Sie überzeugt. Im Telefonverzeichnis von A. habe ich 13 commercialisti gefunden.
Noch etwas: sind Ihre Vermögenswerte in der Schweiz relativ bescheiden, würde ich mir die Schliessung aller Konti dort überlegen und das Geld auf ein Konto bei einer seriösen Bank in Italien überweisen lassen. Vom folgenden Jahr an müssten Sie in Italien keine Steuererklärung mehr abgeben, da es hier keine Vermögenssteuer gibt und die Steuern auf Zinsen und Dividenden an der Quelle abgezogen werden. Zusammen mit den spürbaren Schweizer Bankspesen für im Ausland wohnhafte Personen ergibt ich so eine deutliche Ersparnis und vor allem den jährlichen Ärger der Steuererklärung weniger. Wenn man einen Notbatzen in Schweizer Franken behalten möchte: Für grössere Beträge eröffnen die grösseren Banken Italiens auch Konti in CHF (sich vorher informieren), für kleinere Beträge gibt es Schliessfächer (aber in Italien) oder die Matratze.
Mit freundlichen Grüssen
Robert Engeler